Am (vor)vergangenen Wochenende (1.11.) war es endlich soweit. Der erste Heimspieltag des VCJ stand vor der Tür und elektrisierte – also mindestens – halb Jena. Die Vorfreude war riesig, denn erstens setzte der VCJ als sehr bemühter Gastgeber, zumindest für die Landesklasse Ost, gastronomische Maßstäbe. Denn wirklich alles, was das Herz des Volleyballfreunds begehrt, war gegen einen kleinen Obolus erhältlich: liebevoll geschmierte und belegte Wurst- und Käsebrötchen, Kuchen wie von Oma gebacken, Früchte als würden sie vom Himmel fallen und das sächsische Qualitätsbier, an welchem auch Charlie Harper genüsslich nuckelt. Somit kann man ohne zu übertreiben sagen, dass der mittlere Geräteraum der Turnhalle an diesem sonnigen Samstag des ersten Tages im November die vielleicht beliebtere Anlaufstelle für hungrige und durstige Spätsommerfrischler gewesen wäre als die nahegelegene Lobdeburgklause, wenn wir es nur publik gemacht hätten. Aber wir sind auch keine Spielverderber des regionalen Gaststättengewerbes. Sowohl von der Lobdeburgklause als auch von allen Genießern bin ich beauftragt worden, alle fleißigen Helfer des VCJ zu loben. Vor allem Dank des derzeit verletzten Höpfner war unsere kleine Geräteraumklause immer gut bestückt und niemals verwaist.

Somit war der optimale gesellschaftliche Rahmen gegeben, um zweitens DAS sportliche Derby an diesem Wochenende stattfinden zu lassen. Die Spatzen pfiffen es schon lange von den Dächern: Nicht das Manchester-Derby in der Premier League zwischen City und United (Endstand übrigens 1:0), sondern jenes, welches jeden Spatzen zwischen Zwätzen und Lobeda, zwischen Winzerla und Ziegenhain interessiert. Die bisher unbesiegte dritte Mannschaft des VSV – nach dieser Statistik und Logik: die zurzeit stärkste Mannschaft des VSV – war „zu Gast“, um klarzustellen, in welchen Vereinsfarben die Stadt am Abend erleuchten sollte. Vor diesem spannenden Highlight gegen den VSV, wartete aber die unbequeme Mannschaft aus Blankenhain auf den VCJ.

VC Jena vs. SSG 01 Blankenhain – 3 : 0 (25:18, 25:22, 25:18)

An diesem Spieltag musste der VCJ auf einige Stammspieler verzichten. Neben Zuspieler Pöppel, fehlten die Mittelblocker Kintzel und Bust, sowie die Allzweckwaffen Höpfner und Giesecke. Aber dank eines breiten Kaders konnte man dennoch eine spielstarke Mannschaft aufs Parkett schicken. Zuspieler Gebhardt z.B., der in dieser Saison bisher nur im Pokalturnier mitwirken konnte, setzte seine Angreifer umsichtig ein und übte mit seinen Angaben immer wieder Druck auf die gegnerische Mannschaft aus. Und wahrlich: Angaben waren an diesem Tag nicht die ganz große Stärke. Ebenso war das Blockverhalten anfangs nicht fehlerlos, wodurch die Blankenhainer Außenangreifer immer wieder direkte Punkte erzielten. Allerdings stimmte an diesem Tag das Defensivspiel in dem Sinne, dass zumindest die „möglichen Bälle“ erlaufen und ordentlich abgewehrt wurden. Unter den kritischen Augen eines zuschauenden Regionalligaliberos konnte der erste Satz aber letztlich souverän gewonnen werden. Nach der treffenden Maßgabe eines später zuschauenden Regionalligadiagonalangreifers (mit diesem Wort ist man bei Scabble bestimmt ganz weit vorn dabei) „Ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss“ gestaltete sich der zweite Satz, der etwas seicht dahinplätscherte. Die logische Konsequenz war ein unnötig enger Satzausgang, da es die Blankenhainer, die an diesem Tag einen wichtigen Hauptangreifer ersetzen musste, immer wieder verstanden, sich nicht den Schneid abkaufen zu lassen. Dennoch ging auch dieser Satz an den VC, der im dritten Satz wieder engagierter auftrat. Sehr einsatzfreudig agierte vor allem Möller, der sowohl defensiv als auch im Angriffsdrang kaum Fehler machte. Nicht nur, aber auch wegen ihm konnte der dritte und spielentscheiden Satz wieder überzeugender gewonnen werden. Wie es aber auch bei so manchem Fußballbundesligisten vorkommt, wird Einsatz auch oft mit notwendigen Regenerationszeiten bezahlt. Daher fiel auch Möller für das zweite Spiel, für das Stadtderby aus.

VC Jena vs. 1.VSV Jena III – 3 : 1 (22:25, 25:16, 25:18, 25:21)

„Knall! Bumm! Peng!“ Einem Paukenschlag gleich ging das Derby für den VCJ im ersten Satz nach hinten los. Mit einigen krachenden Angriffen durch die Mitte setzten sich die hochmotivierten Spieler des VSV gleich zu Beginn deutlich ab. Sowohl im Hinter- als auch im Vorderfeld überzeugten sie im ersten Satz und stellten die Spieler vom VCJ vor kniffelige Aufgaben. Etwas irritiert von der Situation zeigte die Mannschaft aber eine Reaktion des Willens und kämpfte sich zumindest wieder heran. Dennoch ging der erste Satz verdientermaßen an den VSV.
Wie ein spanischer Weltklassetrainer agierte aber das Trainerduo Jahn/Giesecke und nahm vor dem zweiten Satz gezielte taktische und personelle Änderungen vor, um einerseits die Sicherheit im VC-Spiel wiederzuerlangen und den Druck im Angriff zu erhöhen. Wild gestikulierend würde die spielbeeinflussende Anweisung so aussehen [Regieanweisung: damit diese Szene wirkt, müsst ihr, wie gesagt, wild gestikulieren und den folgenden Satz ganz schnell lesen]: Der Mittelblocker wechselt auf die Diagonalposition, der Diagonalspieler versucht sich als Außenangreifer, ein routinierter Mittelblocker kommt für einen an diesem Tag etwas glücklosen Außenangreifer, alle positionsgetreuen Konstanten konzentrieren sich auf das Wesentliche, alle Angaben erfolgen auf den gegnerischen Libero und die VCJ-Fans um die zuschauende Weimarer Regionalligamittelblockerin drücken noch mehr die Daumen … et voilà! alle sind zufrieden – bis auf die Mannschaft des VSV. Denn ab diesen Moment lies der VCJ keine Zweifel mehr daran, wer das Derby für sich entscheidet. Mit dem für den VC deutlichsten Satz des Tages gelang nicht nur der verdiente Ausgleich, sondern auch eine spielerische Trendwende: Mit variablen Angriffen um Kretzschmar und Malinowski, sowie gelungenen Blockaktionen änderten sich im Nu die Körpersprache der einzelnen Spieler und peu à peu der Punktestand beim Schiedsgericht. Aber der VSV steckte nie auf und kämpfte verbissen um jeden Punkt. Wenn es dann doch mal eng wurde, konnte sich der VCJ auf intelligente Angaben von Welsch und eine Serie knallharter Sprungangaben von Heinze verlassen, um in den entscheidenden Situationen für ergebnistheoretische Klarheit zu sorgen. Somit ging auch der dritte Satz an den VC. Zu fortgeschrittener Stunde und für einige Spieler im siebenten Satz des Tages lies die Konzentration und Dringlichkeit etwas nach, wodurch der VSV nochmal eine Schippe drauflegte, Morgenluft schnupperte, seine Chance witterte oder den Kampf annahm (je nachdem welche Sportmetapher einem mehr zusagt). Aber in vom cleveren Giesecke clever genommenen Auszeiten wurde basisdemokratisch und einstimmig festgelegt, dass kein weiterer Satz mehr folgen sollte. Anders als in manchen politischen Vorhaben: Gesagt, getan. Somit hieß nach vier umkämpften Sätzen der Sieger des Stadtderbys: VC Jena 08, der dem VSV die erste Saisonniederlage beibringen konnte. Man munkelt, dass im Anschluss nicht nur sämtliche lokale Sehenswürdigkeiten wie die Stadtkirche, der Fuchsturm oder die Lobdeburg, sondern auch die Laserpräsentation am Ernst-Abbe-Platz in den grün-lilanen Vereinsfarben des VCJ aufgeleuchtet sind.

Das dritte angesetzte Spiel zwischen Blankenhain und dem VSV ging erwartungsgemäß ohne Satzverlust an die zweitbeste Jenaer Landesklassemannschaft. Dabei stach aus Sicht des VCJ vor allem Hauptschiedsrichter Welsch heraus, der mit Argusaugen nahezu jeden Ball richtig einschätzte. Wie immer gab, dieses Mal als zweiter Schiedsrichter, Malinowski eine super Figur ab, in dessen Schatten angeblich der jeweilige Protokollant mit dem Punkte zählenden Voigt heimlich Tic Tac Toe auf dem Spielberichtsbogen spielte. Aber das sind nur Mutmaßungen.

Zu guter Letzt die Lehren des Spieltags: Erstens kann Höpfner sowohl auf dem Spielfeld als auch an Nebenschauplätzen wie in der gastronomisch exquisiten Geräteraumklause alles. Als Gast mit Stil und Etikette bringt man, zweitens, willkommene Gastgeschenke mit. Dankend möchte ich somit erwähnen, dass sich VSV-Außenangreifer Heerwagen bei Anpfiff „unabsichtlich“ außerhalb des Spielfeldes aufgestellt hat. Und drittens ist nach dem Derby vor dem Derby. Denn bereits am 22. November findet das Rückspiel – wiedermal – in der Turnhalle der Lobdeburgschule statt. Aber mich persönlich interessiert gerade nicht so sehr der Ausgang des kommenden Derbys. In Zeiten von Kochduellen und perfekten Abendessen im Fernsehen, bin ich eher gespannt auf die kulinarischen Köstlichkeiten, welche von der Heimmannschaft eventuell im mittleren Geräteraum feilgeboten werden.